Die Ordnung des Weltalls war für Alt-China das Vorbild der Ordnung auf der Erde und unter den Menschen. Derjenige Mensch war tugendhaft, der in Übereinstimmung mit der Natur dachte und danach handelte. Die Harmonie in den chinesischen Künsten, in Bauten, Brücken, Landschaftsgemälden und Gärten waren Ausdruck kosmischer Rückverbundenheit. Neben vieler anderer Pflanzen wurde der Jasmin wegen seines Duftes hochgeehrt.
Es ist daher kein Wunder, dass die Jasminblüte auch in der chinesischen Volksmusik große Beachtung fand. In einem Lied wird er so beschrieben:
Sieh, wie hold ist dieser Blumenstrauß! Früh vom taubenetzten Strauch gepflückt, Nun von einer lieben Hand
Liebe kündend mir gesandt!
0 ihr duft’gen Blüten! Stunden so beglückt!
Schönste Blüte, lieblichste des Jahrs! Jedes Auge folgte wohl mit Neid,
Trüg‘ ich durch die Straßen dich,
Nein, zu andern bind‘ ich dich
Und daheim nur hab‘ ich meine Seligkeit.
Das wohl bekannteste Volkslied aus China, den Jasmin betreffend, ist wohl das Lied „Mo Li Hua“, das während der Qianlong-Ära (1735–1796) der Qing-Dynastie geschaffen wurde. Es gibt mehrere regionale Versionen des Songs mit unterschiedlichen Texten und Melodien. Eine Version des Liedes beschreibt einen Brauch, Jasminblüten zu schenken, wie es in der südlichen Jangtse-Delta-Region Chinas beliebt ist. Eine andere, längere Version beschreibt die Angst, die Blume zu pflücken. Gespielt wurde auf alten Metallglocken (Bianzhong) oder modernen Jade-Glockenspielen. Es verwendet die in der chinesischen Musik allgegenwärtige Fünf-Noten- Skala (pentatonisch). Die Melodie ist eine von Xiaodiao („kurze Melodien“), die in chinesischen städtischen Gebieten beliebt ist.
Dieses Lied fand auch seinen Weg in die Oper: Giacomo Puccini verwendete die Melodie in Turandot und machte das Lied auch im Westen bekannt. 2008 erklang das Lied jeweils während der Medaillienzeremonien bei den Olympischen Spielen in Peking.
Unter dem Titel „Jasmine“ ist beim Verlag Adank (Schweiz) eine Bearbeitung für Blasorchester von Simon Scheiwiller erschienen. Scheiwiller ist Hornist, Dirigent und Komponist und studierte an den Konservatorien Zürich und Genf. Schon als Jugendlicher begann er, Klavierstücke oder Filmmusikern für Bläserensembles zu arrangieren. Scheiwiller macht vor allem Kammermusik, spielte bei der CD „Äbä“ des Reto Suhner Quartetts mit und war 2008 Solohornist des Opera Festivals in Florenz.