Dirigent Michael Gielen 91-jährig verstorben
Der in Dresden geborene Dirigent und Komponist Michael Gielen ist im Alter von 91 Jahren an seinem Wohnsitz in Mondsee (Oberösterreich) verstorben. Bereits 2014 musste Gielen sich aus gesundheitlichen Problemen vom Dirigentenpult zurückziehen. Er galt nicht nur als Vorkämpfer der zeitgenössischen Musik, auch als Interpret der Klassisch-Romantischen Musik war er einer der großen Dirigenten der Gegenwart.
Gielens Familie, die 1937 unter dem Druck der Nationalsozialisten von Berlin nach Wien umgezogen war, musste nach dem Anschluss Österreichs 1940 nach Argentinien emigrieren, weil der Vater dem Nationalsozialismus ablehnend gegenüberstand und Gielens Mutter Rosa, nach nationalsozialistischer Terminologie eine „Jüdin“, gefährdet war, verhaftet und deportiert zu werden. Dort traf Michael Gielen als Dreizehnjähriger auf den Dirigenten Fritz Busch, mit dem er häufig vierhändig Klavier übte. Von 1942 bis 1949 studierte Gielen in Buenos Aires Klavier und Musiktheorie bei Erwin Leuchter. Er begann 1945 zusätzlich für drei Semester ein Philosophiestudium und spielte sodann privat viel Kammermusik mit seinem Schwager Ljerko Spiller und dessen Violinschülern. Gielen studierte Ernst Kreneks Schrift Über neue Musik und komponierte. 1946 entstand als erstes Werk eine Sonate für Klavier und Violine.
Seine berufliche Laufbahn begann er als 1947 als Korrepetitor am Teatro Colón, wo sein Vater Chefregisseur war und ihn der Dirigent Erich Kleiber entscheidend prägte. Gielen wurde Pianist im vom Komponisten Juan Carlos Paz gegründeten Ensemble Agrupación Nueva Música der Argentinischen Gesellschaft für Neue Musik, wo er auch Mauricio Kagel kennenlernte. Im Jahr 1949 führte er in einem durch Paz kommentierten Konzert die Klavierwerke Schönbergs auf,
1950 ging Gielen an die Wiener Staatsoper, wo er ebenfalls als Korrepetitor arbeitete und unter anderem auf Herbert von Karajan, Karl Böhm, Clemens Krauss und Dimitri Mitropoulos traf. Ab 1960 wurde Gielen für fünf Jahre Musikdirektor der Königlichen Oper in Stockholm, 1969 Leiter des Belgischen Nationalorchesters in Brüssel und 1973 Chefdirigent der Niederländischen Oper in Amsterdam. Operngeschichte schrieb er als Dirigent der Uraufführung von Bernd Alois Zimmermanns Oper Die Soldaten am 15. Februar 1965 in Köln. Von 1977 bis 1987 war Gielen Generalmusikdirektor der Oper Frankfurt, die unter seiner Leitung (in Zusammenarbeit mit Klaus Zehelein) zu einem der wichtigsten Opernhäuser Europas avancierte, außerdem Leiter der Museumskonzerte in Frankfurt am Main. Gleichzeitig war er von 1978 bis 1981 Erster Gastdirigent des BBC Symphony Orchestra in London, dessen Ehrendirigent er seitdem war, und von 1980 bis 1986 Leiter des Cincinnati Symphony Orchestra.
1986 übernahm er das SWF Sinfonieorchester Baden-Baden, das 1996 in SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg umbenannt wurde, und leitete es bis 1999. Von 1999 bis 2014 war er ständiger Gastdirigent, seit 2002 Ehrendirigent dieses Orchesters. Regelmäßig arbeitete er mit dem Konzerthausorchester Berlin, zunächst als Erster Gastdirigent, später als Ehrengastdirigent.
(Quelle: Wikipedia)